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08.12.2022

Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung: 8 Fragen - 8 Antworten (aktualisiert am 08.12.2022)

Ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitsaufzeichnungspflicht sorgt für Aufregung, stößt auf ein außergewöhnlich großes Medienecho - und sorgt natürlich prompt für "Panik" bei dem oder der einen oder anderen Praxisinhaber*in.

Nachfolgend Fragen und Antworten, die sich allesamt mit dem Beschluss des BAG befassen – und hoffentlich zu einer beruhigenden Klärung der Thematik führen.

 

Frage 1: Was hat das BAG entschieden?

Das BAG hat am 13.09.2022 in einem Beschlussverfahren entschieden.

Nach Auffassung des BAG besteht die Pflicht eines jeden Arbeitgebers und einer jeden Arbeitgeberin, insbesondere die Arbeitszeit der bei ihm oder ihr beschäftigten Angestellten aufzuzeichnen.

 

Frage 2: Worauf stützt das BAG die Aufzeichnungspflicht?

Nun, das ist zum einen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte schon im Mai 2019 entschieden, dass die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet sind, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufzeichnung der Arbeitszeit von Arbeitnehmer*innen sicherzustellen.

Zum anderen stützt sich das BAG auf das Arbeitsschutzgesetz – auch wenn sich dort explizit nichts von einer Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung findet.

 

Frage 3: Wieso ist der deutsche Gesetzgeber bislang den Vorgaben des EuGH aus dem Mai 2019 nicht nachgekommen? Kommt da noch was?

Man kann nur vermuten:

Vielleicht war der Gesetzgeber in den letzten Jahren zu sehr mit Corona beschäftigt – vielleicht sind auch die befürchteten Nachteile für die Wirtschaft so groß, dass man sich als Gesetzgeber zurückhält.

Der BAG-Beschluss wird die Ampelkoalition aber sicherlich motiviert, (zeitnah) aktiv zu werden.

 

Frage 4: Wer muss aufzeichnen und was muss denn jetzt genau aufgezeichnet werden? Und in welcher Form?

Aufzuzeichnen sind:

1. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit.

2. Überstunden.

Es kann

1.Entweder in Papierform

oder

2. digital

aufgezeichnet werden.

Und: Der AG kann diese Aufzeichnungspflicht auf den AN übertragen – AG muss dann lediglich prüfen, ob die AN tatsächlich aufzeichnen.

Ausnahmen, etwa für sogenannte Kleinbetriebe, macht der Beschluss des BAG nicht

 

Frage 5: Gilt die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung ab sofort?

Ja!

 

Frage 6: Was erwartet Arbeitgeber*innen, die gegen die Aufzeichnungspflicht verstoßen?

Arbeitgeber*innen, die sich nicht an die Vorgaben des BAG halten, werden unter anderem bei Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmer*innen über die von diesen geleisteten Arbeitszeiten damit rechnen müssen, einen Beweislastnachteil hinnehmen zu müssen – mit der eventuellen Konsequenz, dass der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin möglicherweise zur Zahlung von tatsächlich nicht geleisteten Arbeitsstunden verurteilt wird, weil er die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nicht beachtet hat.

 

Frage 7: Ist die Verletzung der Aufzeichnungspflicht bußgeldbewehrt?

Nein, das ist derzeit nicht der Fall – insoweit wird aber im Falle einer gesetzlichen Regelung mit einer entsprechenden Vorschrift zu rechnen sein.

 

Frage 8: Können Arbeitgeber*innen von Arbeitnehmer*innen verlangen, dass diese bei der Arbeitszeitaufzeichnung mitwirken?

Siehe Frage/Antwort 4:

AG kann diese Aufzeichnungspflicht sogar komplett an AN delegieren.